Wie Flownative tickt: Einsicht in Kundenprojekte

Passcreator: Wie ein Wallet-Karten-Experiment zum Hollywood-Business wurde

Wenn die Kameras in Hollywood laufen und Stars über den roten Teppich schreiten, entscheidet die Software von David Sporer darüber, wer bei den Oscars rein darf – und wer draußen bleiben muss. Inzwischen setzen zahlreiche internationale Organisationen auf die Wallet-Lösung, um Coupons, Mitgliedsausweise oder Event-Tickets an Millionen von Kunden auszuspielen.

Wir sprachen mit David über seine Entscheidung auf eine langfristige Partnerschaft mit Flownative zu setzen, warum es für Passcreator keine Wartungsfenster gibt und den Fluch und Segen der Datenschutzgrundverordnung.

14. Juni 2025

Der Dresscode für die Oscars gilt auch für David Sporer – Smoking und Fliege sind Pflicht

Es ist Oscar-Nacht in Los Angeles. Während die Kameras die Ankunft der Stars einfangen, sitzt David Sporer in einem fensterlosen Nebenraum des Dolby Theatre und schaut auf Bildschirme voller Monitoring-Dashboards. Jeder Scan eines Tickets, jeder Gast, der das Theater betritt – alles läuft über seine Software. "Das sind so ein paar Stunden, wo man wirklich nicht gut schlafen kann", schmunzelt der Passcreator-Gründer. "Aber es ist auch nur diese eine besonders wichtige Nacht im Jahr."

Was 2012 als Experiment mit einer Beta-Version des Flow Frameworks begann, hat sich zu einer der führenden Plattformen für digitale Wallet-Karten entwickelt. Von ADAC-Mitgliedskarten bis zu Oscar-Tickets – Passcreator verwaltet heute Millionen digitaler Ausweise in Apple und Google Wallet. Eine Erfolgsgeschichte, bei der Flownative Beach eine wichtige Rolle spielt.

Als Flow noch in den Kinderschuhen steckte

Die Geschichte von Passcreator beginnt in einer Zeit, als Neos und das Flow Framework noch als "Nachfolger von TYPO3" gehandelt wurde und David Sporer in seinem damaligen Job "nicht mehr so die richtig riesige Herausforderung" hatte. "Ich hatte mich mit TYPO3 beschäftigt und fand dieses ganze Dependency Injection-Konzept in Flow total interessant", erinnert er sich. "Verstanden habe ich damals genau null davon, aber es klang total spannend."

Dann stellte Apple 2012 Passbook vor – was später zu Wallet wurde. "Ich habe einfach nur irgendwie rumgebastelt", erzählt David. "Dann hab ich angefangen, mit Flow so eine ganz einfache Anwendung zu bauen, wo du deinen Vornamen und Nachnamen eingeben konntest und dann ist so ein Dummy-Wallet-Gutschein rausgeploppt."

Was als Spielerei begann, wurde nach dem Launch von iOS 6 im Herbst 2012 ernst: "Nach dem Launch hatte ich eine mittlere bis hohe sechsstellige Besucherzahl auf dieser Seite und dachte mir dann, okay, vielleicht ist das mehr als nur ein bisschen basteln."

Wallet-Karten für Millionen Mitglieder

Heute betreut Passcreator Projekte, die David Sporer damals kaum für möglich gehalten hätte. Das Freemium-Modell – "du kannst dich einfach registrieren und hast vollem Funktionsumfang, nur in der Anzahl Karten limitiert" – zieht kontinuierlich neue Kunden an. Darunter auch solche, mit denen man nicht unbedingt rechnet.

"Am Anfang dachte ich, es ist eigentlich nur was für kleine Kunden, denn große haben ja eh Ressourcen und Entwickler, die bauen sich das selber", errinert sich David. Die Realität sieht anders aus: Der ADAC mit seinen 22 Millionen Mitgliedern – "mehr als die katholische Kirche seit ein paar Jahren in Deutschland" – vertraut bei seinen digitalen Mitgliedskarten auf Passcreator.

Das ADAC-Projekt zeigt die Komplexität moderner Wallet-Systeme: "Es gibt da sechs bis zehn verschiedene Varianten, je nachdem, wie lange du Mitglied bist, hast du entweder eine gelbe oder eine schwarze Karte und unterschiedliche Abo-Modelle." Passcreator kümmert sich dabei nicht nur um das Design, sondern auch um Aktualisierungen, Push-Notifications und die Verwaltung verschiedener Mitgliedsstatus.

Don't call us, we'll call you

Noch spektakulärer ist das Oscar-Projekt, das Passcreator bereits zum vierten Mal betreut. "Während der COVID-Pandemie hatten sich die Oscars überlegt, dass sie keine Papiertickets mehr wollen", erklärt David die Entstehung. "Das war die Initialzündung, sie wollten nicht, dass die Gäste den Security-Leuten ein Ticket übergeben und das wieder zurück in die Hand gedrückt bekommen."

Die Lösung: Digitale Tickets in der Wallet, die kontaktlos gescannt werden können. Was einfach klingt, wird bei einem Event dieser Größenordnung zur logistischen Herausforderung. "Wir sind mit zwei Leuten dort und helfen mit allem, was so die Vorbereitung vom Ticket-Scanning zu tun hat", beschreibt David den Ablauf. "Wir überwachen vor Ort die Systeme, damit im Hintergrund nichts schief geht beim Versand und der Kontrolle der Tickets."

Auf der anderen Seite des Atlantiks überwacht Flownative während der heißen Phase die Infrastruktur aktiv mit. Robert Lemke steht im ständigen Kontakt mit dem Passcreator-Team: "Das ganze Setup ist geo-redundant – in dem unwahrscheinlichen Fall, dass das komplette Rechenzentrum in Nürnberg ausfällt, können wir innerhalb von Sekunden auf ein anderes ausweichen", erklärt Robert. "So etwas ist mir in meiner Berufslaufbahn noch nie passiert, aber der Anspruch der Academy für die Oscars ist eben sehr hoch".

Seinen Passcreator-Kunden in Island besucht David Sporer auch gerne persönlich

Foto: Privat

24/7 rund um den Globus: Wenn Downtime keine Option ist

Mit Kunden in mehr als 40 Ländern über den Globas verteilt steht Passcreator vor besonderen Herausforderungen. "Wir haben eigentlich kaum noch Zeiten, wo es günstig wäre, die Plattform mal ein paar Minuten herunterzufahren", erklärt Sporer die Realität eines globalen SaaS-Anbieters. "Wir schauen, dass die Plattform möglichst zu 100% verfügbar ist."

Diese Anforderungen führten zum Umdenken beim Hosting. Anfangs versuchte Sporer alles selbst: "Kubernetes Cluster habe ich auch schon selbst aufgesetzt. Ich habe sogar mal einen Vortrag auf der Neos-Konferenz drüber gehalten." Doch die Realität holte ihn ein: "Das ist richtig gut zu machen ist allerdings mehr als ein Vollzeitjob."

Die Lösung kam mit Flownative Beach: "Flownative stellt uns im Prinzip eine sehr spezifische Lösung zur Verfügung, die genau für Flow passt und sie wissen einfach, wie man das anbieten muss, dass es funktioniert."

Sicherheit als Geschäftsgrundlage

In einer Zeit, in der Datenschutz und Sicherheit immer wichtiger werden, ist Passcreator besonders gefordert. "Wir sind inzwischen selber ISO-zertifiziert, haben dementsprechend auch die Pflicht, unsere Lieferanten entsprechend sorgfältig auszuwählen", erklärt David.

Die Anforderungen sind konkret: "Wir haben mehrfach im Jahr inzwischen Pen-Tests von Kunden, die die Software und die gesamte Plattform von außen auf Sicherheitsrisiken testet." Besonders für Kunden aus dem Finanzsektor sind zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen erforderlich.

Flownative Beach trennt Applikationen und Daten verschiedener Kunden in einem Cluster durch technische Maßnahmen. Für besondere Anforderungen gibt es aber auch dedizierte Cluster. "Wir haben Kunden, die lieber gerne einen eigenen Cluster haben", so David Sporer. "Der Grund dafür ist meistens gar nicht die Performance oder Sicherheit per se, sondern eine grundsätzliche Entscheidung: Wenn wir mit einem Dienstleister arbeiten, dann muss das ein dediziertes System sein, in dem nur die Daten von unseren Endkunden drauf liegen."

DSGVO und die Macht geopolitischer Entwicklungen

Die Bedeutung europäischer Hosting-Lösungen wurde für Passcreator durch verschiedene Gerichtsurteile verstärkt. "Es gab zwei Gerichtsurteile vom EuGH, der erst Safe Harbor und dann Privacy Shield gekippt hat", erklärt David. "Letzten Endes sind wir jetzt wieder in der gleichen Situation dank Trump. Er braucht nur eine Executive Order unterschreiben, dann fällt das Ganze wieder in sich zusammen."


» Flownative ist für meine Work-Life-Balance sehr wichtig. Vielleicht sollte das euer Slogan sein: Ihr verkauft Schlaf für Entscheider. «

David Sporer, CEO, Passcreator

Die Konsequenz: "Wir sind gerade dabei, alles auf EU-Hosting umzustellen und wollen so weit wie möglich alle US-Subunternehmer loswerden." Ein Prozess, den Passcreator gemeinsam mit Flownative vorantreibt. "Vor zwei Jahren haben wir zusammen mit Flownative überlegt, wie wir aus der Google Cloud zu einem deutschen Anbieter migrieren können. Diese Lösung gibt es nun, denn Roberts Team hat eine komplett neue Beach-Infrastruktur bei Hetzner Online aufgebaut."

Partnerschaft auf Augenhöhe

Was David an der Zusammenarbeit mit Flownative besonders schätzt, ist die direkte Kommunikation: "Wir müssen uns nicht durch drei Callcenter durchquälen, bis wir mal irgendwie eine Antwort kriegen, vor allem wenn es dann schnell gehen muss."

Die Partnerschaft geht über reines Hosting hinaus: "Wir haben einen echten Partner an der Seite und ich weiß, dass wenn Sachen wichtig sind, wir uns zu 100% darauf verlassen können, dass ihr euch darum kümmert. Das gibt mir die Ruhe, dass ich gut schlafen kann."

Besonders hilfreich ist die Flow-Expertise: "Für kleinere Satellitenprojekte für Kunden machen wir meistens auch ein kleines Flow-Projekt und wissen, ich kann mich bei Flownative Beach einloggen und drei Klicks machen und dann läuft das."

Wenn einfach funktionieren das beste Feature ist

Auf die Frage nach seinem Lieblings-Feature in Beach antwortet David pragmatisch: "Dass ich mich eigentlich selten einloggen muss, weil es in der Regel einfach funktioniert." 

Trotzdem gibt es Wünsche für die Zukunft: "Hilfreichere Statistiken zu Performance-Themen" stehen ganz oben auf der Liste. "Wenn in bestimmten Situationen etwas in der Applikation langsam wird, hätte ich am liebsten tiefen Einblick in die entsprechenden Metriken. Liegt es am Server, liegt es an der Datenbank, liegt es am Internet vom Kunden? Das wäre so das Killer-Feature, was uns noch glücklicher machen würde."

13 Jahre später: Flow als Fundament

Trotz aller technologischen Entwicklungen bleibt Flow das Fundament von Passcreator. "Es ist ein Produkt, das jetzt seit 12, 13 Jahren existiert und historisch gewachsen ist", reflektiert David Sporer. "Wir haben einfach Expertenwissen in Flow aufgebaut und das funktioniert für uns grundsätzlich gut."

Die Entscheidung von damals erweist sich als richtig: "Es gibt viele PHP-Entwickler, es gibt auch viele Leute, die sich zumindest mit Symfony auskennen, die dann auch schnell in Flow reinfinden. Wir sind schnell, wir sind agil, was die Softwareentwicklung angeht."

Von der ersten Beta-Version bis zu den Oscars – Passcreator zeigt, wie aus einem technischen Experiment ein internationales Business werden kann. Mit Flownative an der Seite kann sich David Sporer auf das konzentrieren, was er am besten kann: Wallet-Karten für die ganze Welt entwickeln. Und wenn die nächste Oscar-Nacht kommt, weiß er: Die Infrastruktur läuft – auch wenn er bei der Dinner-Party am Buffet steht.

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